Sie warten schon seit Tagen auf eine Rückmeldung von Ihrem ausländischen Geschäftspartner und wundern sich, warum er sich nicht meldet? Oder Sie ärgern sich, weil Ihr ausländischer Gastgeber nicht zur Sache kommt, sondern sich ausführlich nach Ihrer Reise, Ihrer Familie und anderen nicht sachlichen Themen erkundigt? Dann kann es sein, dass Ihr Gesprächspartner ein anderes Verhältnis zur Zeit hat als Sie.

Das Verhältnis zu und der Umgang mit Zeit ist ein wichtiger kultureller Unterschied. In vielen westlichen Kulturen ist es üblich, einzelne Arbeitsschritte nacheinander zu tun und dabei auf die Einhaltung des Zeitplans zu achten. Dies ist wichtiger als der Aufbau und die Pflege persönlicher Beziehungen, denn Zeit ist Geld. Schnelle Reaktionszeiten und Pünktlichkeit werden groß geschrieben, was zum Beispiel auch auf Zahlungs- und Lieferfristen bezogen wird. Der Arbeitstag ist straff getaktet und bietet meistens nicht all zu viel Raum für individuelle Gestaltung.

In anderen Kulturen gilt das Erledigen mehrerer Handlungen nebeneinander als üblich. Der Zeitplan ist ein „Kann“, aber kein „Muss“. Man ist flexibler und setzt die Priorität auf die persönliche Beziehung, die Erledigung einer Aufgabe ist eher nachrangig, wenn es zu einer Begegnung kommt. In Indonesien sagt man dazu „Jam karet“: Zeit ist aus Gummi.

Dieser Unterschied spielt also eine wesentliche Rolle und kann ein kulturelles Hindernis in Geschäftsbeziehungen sein, insbesondere wenn es um Pünktlichkeit, Verhandlungen oder Zeitrahmen für Termine oder Projekte geht. In Russland sollte man sich zum Beispiel darauf einstellen, dass Meetings Geduld und Zeit brauchen. Von Ihnen wird zwar Pünktlichkeit erwartet, aber es kann durchaus passieren, dass Ihr Gesprächspartner es mit der Pünktlichkeit weniger genau nimmt. Für Chinesen wäre Unpünktlichkeit jedoch ein Affront, hier sollten Sie darauf achten, immer rechtzeitig zum Termin zu kommen. In Brasilien hingegen gehören Verspätungen zur alltäglichen Realität und sollten Sie sich auf längere Wartezeiten einstellen, bevor Ihr Gesprächspartner erscheint.

Wie sieht nun der Umgang mit Zeit in Deutschland und in den Niederlanden aus? In Deutschland ist es wichtig, immer pünktlich zu sein. Wer verspätet ankommt, wird schnell als unzuverlässig gesehen. Für Small Talk wird wenig Zeit eingeräumt, sondern man kommt schnell zur Sache. Für Entscheidungsprozesse wird jedoch ausreichend Zeit eingeplant, denn man möchte zuerst alles absichern, bevor man loslegt.

Auch in den Niederlanden wird ein pünktliches Ankommen gern gesehen. Vor der Besprechung sollte man jedoch etwas Zeit zum Kennenlernen und für ein wenig Small Talk einplanen, um die persönliche Beziehung zu festigen. Entscheidungen widerspiegeln einen tragfähigen Entschluss der ganzen Gruppe – manchmal sind mehrere Besprechungsrunden notwendig, bis man einen Konsens gefunden hat. Dabei muss nicht alles 100 % begründet oder abgesichert sein: Kurskorrekturen im Laufe eines Prozesses sind keine Seltenheit, sondern eine Folge fortschreitender Einsicht. Über diese typisch niederländische Eigenart ein anderes Mal mehr.

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