Arbeiten Sie mit einem niederländischen Geschäftspartner zusammen, dann ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen: In den Niederlanden ist die Arbeitskultur anders. Nicht nur der Umgang untereinander, sondern auch die Arbeitsweisen, Strukturen und Entscheidungsprozesse weichen ab von dem, was in Deutschland üblich ist.

Eine moderne, flexible Arbeitskultur ist in vielen niederländischen Unternehmen eher Regel als Ausnahme. Hierarchien sind flach, Entscheidungen werden gemeinsam – agil – getroffen und es gibt eine gewisse Fehlertoleranz. Ganz anders ist das Arbeitsklima in vielen deutschen Unternehmen, so geht aus einer Studie des Personaldienstleisters Manpower Group hervor, der 1.010 Arbeitnehmer in Deutschland befragen ließ.

Homeoffice oder Büro

Sie telefonieren gerne mit Ihrem niederländischen Ansprechpartner? Durchaus möglich, dass Sie ihn zu Hause erwischen. Zahlen des niederländischen Statistischen Zentralamts vom letzten Jahr belegen, dass ungefähr ein Drittel der Niederländer gewöhnlich oder gelegentlich zu Hause arbeitet. Begünstigt wird dies sicherlich durch die Digitalisierung, die in den Niederlanden bereits viel weiter fortgeschritten ist. Eine weitere Rolle spielt auch das größere Angebot an flexiblen Arbeitsmodellen. In Deutschland hat laut Manpower-Studie lediglich 21 % der Mitarbeiter die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten. Genutzt wird ein solches Angebot jedoch nur von 16 % der Deutschen – darauf weisen Zahlen von Statista aus diesem Jahr hin.

Vertrauen und Transparenz

Rund jeder Dritte der Befragten der Manpower-Studie gibt an, Entscheidungen allein oder im Team treffen zu dürfen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bei knapp zwei Dritteln der Arbeitnehmer Entscheidungsprozesse klassisch von oben nach unten verlaufen.

Eng hiermit zusammen hängt natürlich ein Führungsstil, der auf Vertrauen und Autonomie basiert. Und daran mangelt es – leider – in vielen deutschen Unternehmen. Nur 27 % der Befragten ist der Meinung, dass das Unternehmen von Vertrauen und Transparenz geprägt ist. Und gut ein Viertel gibt an, dass in ihrem Unternehmen Fehler als menschlich und als Lernchance gesehen werden.

Obwohl Offenheit und Transparenz für viele Niederländer eine wichtige Rolle spielen, ist das Arbeitsklima bei weniger als der Hälfte auch tatsächlich davon geprägt, so geht aus einer Studie von Ruigrok | NetPanel (2016, 629 Arbeitnehmer) hervor. Das ist zwar deutlich mehr als die 27 % der Manpower-Studie, jedoch scheint auch in niederländischen Unternehmen bei der Fehlertoleranz Nachholbedarf zu herrschen.

‘Duzen’ – aber gerne

Wenn Sie schon einmal in einem Niederlande-Training waren oder sich mit den Niederlanden auseinandergesetzt haben, dann wissen Sie: In den Niederlanden wird gern und häufig geduzt. Was für Niederländer normal ist, stellt In Deutschland jedoch eher die Ausnahme dar: Nur 20 % der Befragten erleben im Alltag eine Duz-Kultur und können selbst den Chef mit Vornamen ansprechen. Für 80 % ist also weiterhin das Siezen die Norm.

Was bedeutet das für Sie bei der Zusammenarbeit mit Niederländern? Für viele Deutsche sind niederländische Unternehmens- und Arbeitsstrukturen – gerade am Anfang – etwas gewöhnungsbedürftig. Die Entscheidungshoheit ist in deutschen Augen manchmal unklar und wechselnde Gesprächspartner werden als unübersichtlich empfunden.

Auf der anderen Seite verlaufen Entscheidungsprozesse im niederländischen Geschäftsleben durch die flachen Strukturen manchmal schneller als in Deutschland und es kann – gerade bei längeren Abwesenheiten von Ansprechpartnern – sehr angenehm sein, wenn Aufgaben von anderen Teammitgliedern mit bearbeitet werden. Die höhere Fehlertoleranz führt meistens dazu, dass man in den Niederlanden auch dann noch das Gespräch über Lösungsmöglichkeiten sucht, wenn in Deutschland längst der Richter eingeschaltet worden wäre. Und die Duz-Kultur? Auch wenn Sie sich vielleicht am Anfang ein wenig schwer tun, kann man auch beim Du eine angenehme und respektvolle Geschäftsbeziehung pflegen!

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