Die Fußball-WM ist Geschichte, Frankreich hat – als beste Mannschaft der Welt – den Pokal in Empfang genommen. Die beste Mannschaft? Auf jeden Fall die Mannschaft, welche die Regeln der Teamkunst am besten beherrscht. In dieser Hinsicht bot die WM wieder jede Menge Inspiration für Teams in der Arbeitswelt. Welche Lehren können deutsche, niederländische und interkulturelle Teams aus dieser WM ziehen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage: Wie wird aus einem (interkulturellen) Team ein Hochleistungsteam?

Nachdem ich im ersten Teil des Blogs auf die Themen Vertrauen, Teamkultur und Flexibilität eingegangen bin, widme ich mich in diesem zweiten Teil den unterschiedlichen Teamphasen und der Bedeutung klarer Zielsetzungen.

Teamphase als Indikator des Leistungsniveaus

Laut dem amerikanischen Psychologen und Organisationsberater Bruce Tuckman durchläuft jedes Team vier Phasen: Forming, Storming, Norming und Performing. In den ersten beiden Phasen lernen sich die Teammitglieder kennen (Forming), werden die Aufgaben und Rollen im Team verteilt und erste Konflikte gelöst (Storming). Danach tritt Ruhe ein, das Team verständigt sich gemeinsam auf Regeln und Arbeitsweisen und fängt mit der Arbeit an (Norming).

Für deutsch-niederländische sowie für multikulturelle Teams sind diese ersten drei Phasen noch wichtiger als für monokulturelle Gruppen. Kulturelle Differenzen im Kommunikationsstil, im Umgang miteinander und mit Vereinbarungen können – wenn sie ignoriert werden – die Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigen. Daher ist es in diesen Phasen unerlässlich, solche Differenzen und die kulturell bedingte Erwartungshaltung zu besprechen sowie gemeinsam den Umgang mit diesen Faktoren im Team zu bestimmen. Das können ganz einfache Themen sein, wie die Zeit für die Beantwortung einer E-Mail, aber auch größere, wie Führungsstil und Delegieren, Informationsmanagement, Entscheidungsfindung und Feedback geben. Alles Sachen, die in Deutschland oft anders gehandhabt werden als in den Niederlanden oder in anderen Ländern. Je mehr Zeit man sich in der Anfangsphase für solche Themen nimmt, umso leichter verläuft die spätere Zusammenarbeit. Das ist eine wichtige Aufgabe für Führungskräfte.

Hat ein Team die ersten drei Phasen gut überstanden, dann stehen die Chancen für die Hochleistungsphase Performing gut. Temporär zusammenarbeitende Teams durchlaufen abschließend noch eine fünfte Adjourning-Phase, in der sich das Projekt dem Ende zuneigt und sich das Team auflöst. Dies ist auch die Phase, in der normalerweise die wichtigsten Erkenntnisse der gemeinsamen Arbeit sichergestellt und Lehren für die Zukunft gezogen werden.

Deutsch-niederländische und multikulturelle Projektteams können diese Phase zur Hilfestellung für zukünftige Teams nutzen. Welche Kulturdifferenzen kamen an die Oberfläche und wie hat das Team sie bewältigt? Welcher Ansatz hat am besten funktioniert – und welcher nicht? Welche Stakeholder an beiden Seiten der Grenze waren für den Projekterfolg wichtig? Wie können die Kontakte zwischen den Gruppenmitgliedern zum Wohl des Unternehmens oder der Organisation aufrechterhalten werden? Ein gut eingespieltes grenzüberschreitendes Team ist Gold wert und bietet viele wichtige Erkenntnisse für die Zukunft.

Auch Fußball-Mannschaften durchlaufen als temporäre Teams solche Phasen. Sowohl die niederländische als auch die deutsche Mannschaft haben zwischen 2006 und 2014 auf sehr gutem bzw. Spitzenniveau gespielt. Offenbar hat man jedoch unzureichend daraus gelernt.

Klares Ziel

Eigentlich logisch. Wer auf einem so hohen Niveau spielt, hat das Ziel „WM-Sieg“ fest im Blick. Und auch in Unternehmen und Organisationen haben Teams ein klares Ziel vor Augen. Zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht die Welt jedoch oft ganz anders aus.

Die ersten Selbstanalysen der Mannschaft nach dem frühen Ausscheiden zeigten das Bild eines geteilten Teams mit „hungrigen“ jüngeren Spielern und einer eher gesättigten älteren Generation. Bewusst oder unbewusst zogen nicht alle an einem Strang – mit den bekannten Auswirkungen auf die Leistung.

Mitglieder eines Projektteams kennen oft an sich ihre Aufgabe innerhalb des Teams, wissen jedoch nicht, welches übergeordnete Ziel sich hinter dem Projekt verbirgt: Wofür macht man die Arbeit eigentlich? Welche Verbesserungen sollen durch die Projektarbeit für das Unternehmen bzw. den Kunden erreicht werden? Ist das übergeordnete Ziel nicht bekannt, dann werden die Teammitglieder letztendlich hauptsächlich ihr eigenes deutsches oder niederländisches Süppchen kochen. Eine Identifikation mit dem Team und der Teamzielsetzung ist dann kaum möglich.

Wie wichtig allerdings die Identifikation mit dem Team ist, lesen Sie im dritten und letzten Teil von „May the best team win“.

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